Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Sinus-Leistung vs R.M.S.

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    Sinus-Leistung vs R.M.S.

    Hallo geschätze ReVox Gemeinde,

    nach einer Diskussion mit meinem 16jährigen Sohn stellt sich mir die Frage, wie unterscheiden sich die Leistungsangaben von Verstärkern bzw. Boxen eigentlich? Ich selbst bin aufgewachsen mit Sinus-Leistung (nach DIN 45500) und Musikleistung, die seinerzeit schon eine nicht richtig nachvollziehbare Größe darstellte. Heute dagegen wird in "Watt max" und "R.M.S." angegeben, was eine Box verkraftet, bzw. ein Verstärker ausspuckt. Gibt es da eigentlich einen nachvollziehbaren bzw. reproduzierbaren Zusammenhang zwischen diesen Größen?

    Viele Grüße aus dem nebligen Niedersachsen

    Harald

    #2
    Hallo Harald,

    soweit ich weiß, ist RMS die Messung nach amerikanischer Norm. Ist im Grunde auch eine Angabe der Sinus-Leistung, aber noch etwas strenger (mindestens eine Stunde über alle Kanäle gleichzeitig). Mein (inzwischen ehemaliger ) Marantz 2270 wurde angegeben mit 2x70 Watt RMS, nach DIN wurden aber mehr als 100 Watt je Kanal gemessen. Eine sehr nette Beschreibung dazu gibt's in der Classic Audio FAQ unter Why does a 35 watt Marantz sound better and louder than many 100 watt receivers?

    Die ganzen anderen Angaben wie PMPO, Impulsspitzenleistung etc. kannst Du vergessen, sie dienen lediglich als billige Verkaufsargumente.

    Gruß, Dirk

    Kommentar


      #3
      Hallo Dirk,

      vielen Dank für Deinen Tip. Ich hielt nämlich PMPO und RMS für ähnliche unbrauchbare Angaben. Nun weiß ich es besser.

      Viele Grüße

      Harald

      Kommentar


        #4
        Hallo Harald

        Die Diskussion dürfte fast unendlich alt sein und wird teiweise auf dem Niveau "wer hat den Längeren" geführt. Grosse Zahlen verkaufen sich nun mal besser, daher findest Du in Autoreklamen auch heute noch PS statt kW. Die DIN 45 500 war mehr eine Verkaufsnorm, wurde also so angelegt, dass sie mit vernünftigem Aufwand erreichbar war. Damit waren Messmethoden gefragt, die grosse Zahlen lieferten.

        Zur Technik : Ein Netzteil besteht aus einem Trafo / Gleichrichter und einem nachfolgenden Siebkondensator. Bei wenig Last wird der Kondensator jeweils auf den Spitzenwert der sinusförmigen Spannung aufgeladen. Unter Last hast Du eine geringere Spannung, weil einerseits der Trafo einen Innenwiderstand hat und andererseits der Mittelwert der Spannung durch den gröseren Anteil des gleichgerichteten Sinusbuckels sinkt.

        Für das Audiosignal ist die minimale am Verstärker anliegende Spannung massgebend, diese definiert den Spitzenwert des Sinussignals, der noch mit einem definierten Verzerrungsanteil wiedergegeben werden kann.

        Die Sinusleistung nach DIN 45 500 ist meines Wissens als Dauerleistung bei 1 kHz definiert, die Spannungsverhältnisse entsprechen einem stationären Zustand. Ich glaube mich zu entsinnen, dass sie mit einem zulässigen Klirrfaktor von 10 % bestimmt wird. Damit wird der Sinus natürlich eher zum Rechteck und dementsprechend höher ist der Wert. Für anständige Hörer ist 10 % Klirrfaktor allerdings keine akzeptable Grösse.

        Als Musikleistung wurde meines Wissens die Spitzenleistung einer einzelnen Sinusschwingung bezeichnet, die der Verstärker, vermutlich mit ähnlichem Klirrfaktor, wiedergeben konnte. Dabei waren die Siebkondensatoren voll geladen und deckten eine einzelnen Impuls im Audiosignal ab. Die Musikleistung war daher grösser.

        Daraus folgt folgendes :
        Ein guter Verstärker hat ein Netzteil mit grosszügigem Transformator und grosszügigen Siebkondensatoren. Damit liegen Sinus- und Musikleistung nahe beieinander. Beides kostet aber Geld und Gewicht. Watt/Kilo Verstärkergewicht wäre also eine durchaus interessante Beurteilungsgrösse.
        Ein schlechter Verstärker hat ein Transformatörchen und kaum nennenswerte Siebkondensatoren. Du kannst dort trotz schlechter Sinusleistung eine grosse Musikleistung ausweisen.
        Noch perverser wird es bei Brüllwürfeln à la PC : Häufig wird dort eine Spitzenleistung (PMPO) angegeben, bei der ein einzelner Rechteckimpuls (=doppelte Leistung eines Sinusimpulses) gerechnet ist und erst noch die Leistungen beider Kanäle zusammengezählt werden. Vermutlich wird noch die maximalste Netzspannung berücksichtigt und schon hast Du Werte gegen Unendlich.

        Fazit : Als Vergleichsbasis ist nur eine Sinusleistung tauglich, bei der die Lastimpedanz und ein vernünftiger Klirrfaktor definiert ist. Ueber den anzuwendenden Klirrfaktor lässt sich natürlich unendlich streiten, realistischerweise sollte er mindestens um eine Zehnerpotenz kleiner als der Klirrfaktor der Lautsprecherboxe bei Vollaussteuerung sein. Für anständiges Hören ist auch der Frequenzbereich wichtig, in dem diese Leistung abgegeben werden kann, bei heutigen Verstärkern ohne Germaniumtransistoren, Koppelkondensatoren am Ausgang oder Ausgangsübertragern muss man allerdings schon mutwillig etwas falsch machen um nicht auf eine vernünftige Leistungsbandbreite (z. B. 20 Hz - 20 kHz, K < 0.1 %) zu kommen.

        Leistungsanageben für Boxen : Ein noch viel gefährlicheres Terrain. Für die Spitzenleistung massgebend ist die Aussteuerbarkeit der einzelnen Lautsprecher, für die Dauerleistung deren thermische Belastbarkeit. In einem "normalen" Musikprogramm kommen nicht alle Frequenzanteile gleich stark vor und die Dauerleistungsangabe bezieht sich auf einen solchen Mittelwert. Bei einer 50 W Box erträgt der Hochtöner niemals 50 W Dauerleistung, auch wenn es der Verstärker könnte. Wie die Kurve "Leistungsanteil in Funktion der Frequenz" für Boxen heute aussieht, weiss ich nicht, mit den vermutlich in den Fünfzigerjahren getroffenen Annahmen dürfte das heutige Spektrum aber nicht mehr viel gemeinsam haben. Hier liegen auch die Unterschiede zwischen einer 50 W und einer 50 W Box : Die eine kann eine Impulsspitze halt besser und verzerrungsärmer wiedergeben als die andere.
        Noch kritischer wird es zusammen mit dem Verstärker : Gerät dieser an seine Leistungsgrenze, so erzeugt er mehr Verzerrungen, dies äussert sich in einem wesentlich höheren Anteil an hohen Frequenzen, dies lässt wiederum die Hochtöner schnell sterben. Mit einem schlechten 100 W Verstärker bringst Du bei gleicher Lautstärke eine 100 W Box viel schneller ins Jenseits als mit einem 400 W Verstärker.

        Der langen Rede kurzer Sinn : Bei audiophilen Laustärken bewegen wir uns im Milliwatt bis Wattbereich. Lauter werden kann es natürlich, es ist aber eine Illusion anzunehmen, dass das menschliche Ohr bei höheren Schalldrücken völlig verzerrungsfrei ist. Jenseits von einigen zig Watt wird die Diskussion über die Leistung damit schnell akademisch. Nicht abgedeckt haben wir die Beschallung eines 100 000 Leute Stadiums mit wummernden Bässen, allerdings dürfte in einem solchen Fall der Klirrfaktor nicht die entscheidende Rolle spielen.


        Nebel hat es übrigens auch in der Schweiz.

        Felix

        Kommentar


          #5
          Hallo Felix,

          demnach kann man also auch eine PMPO-Spitzenleistung berechnen und reproduzieren. Das hätte ich nicht gedacht. Ich war bisher, ebenso wie Dirk, der Meinung daß dies nur Reklame Werte sind, die nicht belastbar (im Sinne von berechenbar) sind. Die Aussagekraft solcher Leistungs-Angaben brauchen wir hier glaube ich nicht zu berücksichtigen (wegen indiskutabel).

          Tja, da hab ich ja wieder was dazu gelernt. Vielen Dank!



          Harald

          Kommentar


            #6
            Hi zusammen

            Hier ein ganz interessanter Beitrag dazu.


            Stephan

            Kommentar

            Lädt...
            X