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    Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

    Liebe Forenmitglieder,

    mir ist aufgefallen, dass in diesem Forum viele Elektronik-Neulinge und -Laien sich an die Reparatur älterer (ReVox) Geräte machen. Das ist an sich ein schönes Hobby, aber nicht nur wegen der erheblichen Gesundheitsgefährdung möchte ich folgende allgemeine Ratschläge an die angesprochene Zielgruppe geben:

    Die Geräte tragen nicht umsonst einen Warnhinweis der Nicht-Fachleute vor dem Öffnen abschrecken soll. Dem unerfahrenen Benutzer wird dringend empfohlen das Gerät vor Öffnung auszuschalten UND den Netzstecker zu ziehen. Einige Geräte, wie beispielsweise der Verstärker B251, enthalten Netzteile mit permanentem Stand-by, d.h. die interne Versorgung ist bei ausgeschaltetem Gerät nur teilweise deaktiviert. Solange der Netzstecker in der Steckdose ist führen diese Geräte an einigen relativ leicht zugänglichen Stellen lebensgefährliche Spannungen, nicht nur im Bereich des Netzteils sondern über größere Bereiche des Geräts verteilt! Im Beispiel des B251 betrifft dies u.a. die Versorgung der Leistungsstufen mit +/- 55Volt. Das ist u.U. bereits tödlich (gilt für sowohl die 55V als auch die maximalen 110V), vor allem wenn am Gerät gerade zweihändig gearbeitet wird. Auch nach abziehen des Netzsteckers muß man unbedingt noch eine Weile, mindestens aber 2 Minuten, warten bevor Hand angelegt wird. Viele Netzteile enthalten recht große Energiereserven in Elektrolytkondensatoren bereit, die erst langsam nach Netztrennung entladen werden. Wenn man Pech hat ist der Entladungswiderstand defekt und die Elkos bleiben noch sehr lange unter Spannung. Wer also sicher gehen will prüft die Spannungen an den größeren Elkos vor Arbeiten am Gerät. Falls höhere Restspannungen vorliegen können diese mit einem geeigneten Widerstand entladen werden, KEINESFALLS aber mit einem Schraubenzieher (s.u.). Prüfen und Entladen sind auch schon deshalb empfehlenswert weil etwaige Restspannungen zu Bauteilzerstörung führen können wenn unterdessen im Gerät gearbeitet wird.

    Wen das alles nicht abschreckt sollte sich unbedingt zuerst den Rat von Fachleuten einholen. Dazu ist natürlich eine umfassende Fehlerbeschreibung besonders hilfreich. Oft/leider werden die Fehler aber erst nach und nach in den Diskussionen erwähnt oder etwas genauer beschrieben was zu unnötigen Spekulationen der Teilnehmer über die möglichen Fehlerquellen führt. Bei der Fehlerbeschreibung im Forum daher bitte gleich zu Beginn so umfassend wie möglich beschreiben wie die Fehlfunktion aussieht (Sicherungsfehler, Rauchzeichen…) bzw. sich anhört (Rauschen, Brummen, Pfeifen mit Tonlage, Kratzen und alle anderen Tierlaute), wann und wie oft sie auftritt bzw. wann sie zuerst bemerkt wurde (plötzliches Auftreten, mit „Ankündigung“, nach langem Stillstand...), eventuelle Wechselwirkungen mit anderen Funktionen und/oder anderen Geräten einschließlich möglicher Störquellen (cell phones/handys, Schalter, Thermostate, Kühlschränke…), und nicht zuletzt auch alle noch vorhandenen Funktionen (Lampen, Signalanzeigen, Status- und Fehlermeldungen, Ausgangssignale). All das hilft die Diskussion im Forum wesentlich zielstrebiger zu führen und den Fehler schneller einzukreisen.


    Vorgehensweise bei Operationen am offenen Herzen:

    1) Falls die Absicht besteht das Gerät selbst zu reparieren sollte man sich zumindest ein passendes Servicemanual zulegen, darin stehen neben den Abgleich-Prozeduren oft auch Beschreibungen zur Funktionsweise einzelner Bausteine/Funktionsgruppen. Außerdem hilft das Manual bei der Diskussion im Forum ungemein.

    2) Nach Öffnen des Geräts zuerst nach offenkundigen Schäden suchen (verbrannte Bauteile/Schmorstellen auf Platinen, ausgelaufene Elkos, typisch weiße/braune Krusten am Gehäuse).

    3) Falls nicht genügend Detailkenntnisse vorhanden sind, sollte man die visuell gefunden Schäden/Fehler in die Beschreibung einbeziehen (evt. mit Foto) und um weitere Ratschläge fragen.

    4) Falls der Lötkolben aber schon heiß ist bzw. Mut und Tatendrang groß genug sind, sollte man, wenn irgend möglich, einen Trenntrafo bei der Inspektion bzw. Reparatur einsetzen, das kann die eigene Lebenserwartung u.U. signifikant erhöhen. Falls keiner vorhanden ist kann man sich notfalls auch mit viel Sorgfalt und Vorsicht der Sache annähern. Das setzt aber einige sichere Mindestkenntnisse im Umgang mit elektrischen Schaltungen voraus, sonst weiß man nicht einmal, wo es gefährlich ist. Manche Leute schwören auch auf dicke Neopren-Handschuhe, das kann ich aber nicht uneingeschränkt empfehlen weil diese i.d.R. nicht den Richtlinien entsprechen und außerdem nicht sehr praktikabel/feinfühlig sind (sog. Wurstfinger-Problem). Da ist schon fast die „Linke Hand in der Hosentasche-Regel“ besser, zumindest im Sinne der Herz-Gefährdung. Es soll auch Leute mit Herz am rechten Fleck (in buchstäblicher Weise) geben, diese sollten die rechte Hand in der Tasche lassen.
    Wie schon zu Anfang erwähnt, Elektrolytkondensatoren stellen wegen möglicher Restspannungen eine ernstzunehmende Gefahr dar. Meist ist ein Entladewiderstand im Gerät parallel geschaltet, dieser kann aber u.U. auch schon defekt sein! Sicherheitshalber muß daher die Spannung an diesen Bauteilen vor dem Eingriff gemessen werden. Falls erforderlich muß der Elko zuerst entladen werden. Dazu eignet sich ein hinreichend großer Leistungswiderstand von einigen 100 Ohm am besten, auch die Spannungsfestigkeit ist so einigermaßen sichergestellt (außer bei echten HV Kondensatoren, die es aber im HiFi Bereich außer bei Röhrenschaltungen kaum geben sollte). AUF KEINEN FALL Elkos mit dem Schraubenzieher kurzschließen. Das kann nicht nur unangenehm laut werden, sondern auch den Kondensator selbst und die umliegende Schaltung beschädigen. Unbedingt auch die weiteren Hinweise für Elkos unter 7) betrachten.
    Eine weitere Versuchung und erhebliche Gefahr besteht darin, die Temperatur der Bauteile während des Betriebs mit den Fingern zu prüfen. Einige Bauteile mit metallischem Gehäuse können gefährliche oder gar tödliche Spannungen führen!

    5) Die internen Versorgungsspannungen sollten grundsätzlich zuerst geprüft werden. Ggf. ist nur eine interne Sicherung durchgebrannt. Letzteres hat allerdings oft eine tieferliegende Bedeutung und sollte nicht einfach mit Austausch als erledigt betrachtet werden. Zumindest sollte man das Gerät eine Weile mit der neuen Sicherung laufen lassen und einem Belastungstest unterziehen. Manche Geräte sind relativ schwer zusammenzuschrauben bzw. zu zerlegen, da lohnt sich eine eingehendere Prüfung durchaus. Bei dieser Gelegenheit kann man auch nochmals die im Servicemanual angegebenen Spannungen und Messwerte nachprüfen und ggf. nachjustieren.

    6) Falls bis hier alles i.O. ist, muß man Wohl oder Übel gezielter suchen. Das Servicemanual enthält einige Informationen zu Spannungen im „Inneren“ der Schaltungen, diese sollte man als nächstes prüfen. Zu beachten sind dabei die Vorgaben an das Messgerät, insbesondere den Innenwiderstand. Heute gibt es fast nur noch hochohmige Digitalvoltmeter (DVM). Einige ältere Drehspulinstrumente haben einen relativ geringen Innenwiderstand, der je nach Einsatzpunkt mehr oder weniger große Messfehler verursacht, oder im schlimmsten Fall die zu prüfende Schaltung sogar außer Funktion setzt. Abweichungen/Veränderungen von den im Manual gegebenen Sollwerten können viele Ursachen haben, die häufigsten sind unter 7) gelistet:

    7) Altersschwache Bauteile, darunter im wesentlichen Elektrolytkondensatoren (Elkos) die im Verlauf der Zeit einfach austrocknen oder sogar auslaufen können (Symptome sind Krusten am Gehäuse/Gummidichtung) und dabei nicht selten einen Kurzschluß verursachen (intern), oxidierte Kontakte an internen Steckverbindungen (Silberhaltig), Relaiskontakten, IC-Sockeln und Trimmpotentiometern (Schleiferkontakte). Vor allem nach längerer Stillstandzeit in evt. nicht sehr trockener Umgebung (Keller und Garage) können diese Schäden spontan nach Wiederinbetriebnahme auftreten, selbst wenn die Geräte vor der Einlagerung einwandfrei liefen. Die meisten Hersteller (auch die gehobenen Qualitäten) nehmen/nahmen nicht immer das teuerste/beste Material, folglich ist die aktive und passive Lebensdauer einiger Bauteile nach 20 Jahren eigentlich längst abgelaufen. Ein einzelner defekter Elko ist oft nur ein Vorbote weiterer Ausfälle, gleiches gilt für Trimmpotis und Kontakte aller Art. Aus diesem Grunde ist es ratsam gleich alle alterungsanfälligen Bauteile komplett auszutauschen oder falls sinnvoll/möglich zu reinigen. Das klingt zunächst unverhältnismäßig aufwändig und teuer, rechnet sich aber schnell wenn man sich die Zeit für die nächste Fehlersuche vor Augen hält.
    Ganz Vorsichtige fangen bereits damit an BEVOR sie das Gerät überhaupt wieder einschalten. Wer schon einmal die Reste/Trümmerfelder eines alten explodierten Elkos betrachtet hat versteht diesen Ansatz sofort.

    Bei größeren Elkos, wie sie in Netzteilen von Leistungsverstärkern zu finden sind, besteht auch eine nicht zu vernachlässigende Personen-Gefährdung wenn man den Kondensator ungeschützt vor sich hat und betreibt. Die Herstellerdatenblätter größerer Elkos (ab 100ccm Klasse) geben entsprechende Warnhinweise zum Tragen von Schutzbrillen, Gesichtsmasken (auch die Dämpfe/Flüssigkeiten ist recht giftig), und sogar Gehörschutz bei Wartungsarbeiten!

    Die passiven Bauteile (alles außer Halbleitern) sind auch nicht unbedingt teuer, selbst wenn man etwas bessere Qualitäten als im Original einsetzt. Das ist noch einer der hinzunehmenden Preise den man für ein Sammler- bzw. Oldtimer-Liebhaber-Hobby zahlen muß. Schwierig kann es bei einigen alten Halbleitern, speziell ICs (Prozessoren mit EPROM, alte Logik und Analog ICs), werden, für die es manchmal keinen Ersatz mehr gibt, zumindest nicht zu normalen Preisen...

    8) Wenn Elkos noch nicht ausgetrocknet oder ausgelaufen erscheinen, kann und sollte man sie vor Wiederinbetriebnahme nach längerer Standzeit neu formieren. Dazu sollte man aber den Elko vorzugsweise aus dem Gerät ausbauen, weshalb sich die Aktion, auch wegen des Zeitaufwandes, nur für vergleichbar teure Groß-Elkos lohnen dürfte.
    Die amtliche Prozedur, im wesentlichen aus einem Buch des Herstellers Sprague extrahiert, ist wie folgt:

    a. Elko langsam (ab ca. 40mm Durchmesser innerhalb von 4 Stunden, kleinere Elkos auch etwas schneller) auf ca. 85 Grad C erwärmen, am besten im einem ausrangiertem(!) Backofen und in einem Beutel eingeschlossen. Falls der Elektrolyt hierbei schon in größerer Menge austritt erspart man sich Einiges an der Zeit zum Säubern und hat das ganze Stück gleich im passenden Abfallbehälter…
    b. Um die Folgen eines eventuellen Ausblasens zu mindern, sollte der Elko bei der folgenden Formierung möglichst senkrecht, mit dem Sicherheitsventil nach oben, montiert/fixiert sein. Bei horizontaler Lage sollte die Position es Ventils in die höchste Lage gebracht werden. Der aufmerksame Leser wird folgerichtig keine Wohnräume für diese Prozedur wählen, Gesundheit und/oder Eheglück sind im Fall des Falles schnell dahin.
    c. Sofort danach in heißem Zustand (Handschuhe tragen) an Spannung legen und zwar über einen Vorwiderstand R und 110% der angegebenen Nennspannung über etwa 2 Stunden.
    Der Vorwiderstand wird durch die Nennspannung bestimmt:
    i. Spannungsbereich 10-100 Volt >> R = 1000 Ohm, 10Watt
    ii. Spannungsbereich 101-250 Volt >> R = 10.000 Ohm, 10Watt
    iii. Spannungsbereich 251-450 Volt >> R = 25.000 Ohm, 10Watt
    d. Es empfiehlt sich gleich zu Beginn und gelegentlich danach die Spannung am Elko zu messen, sie sollte bereits am Anfang nicht allzu weit unterhalb der Nennspannung liegen. Ich habe aber auch schon Elkos formiert die mit ca. 60% der Nennspannung starteten. Nach einer Stunde sollten sie aber mindestens 95% der Nennspannung halten.
    e. Kurz vor Abschluß des Vorgangs sollte die Spannung am Kondensator KLEINER als 105% der Nennspannung sein. Kondensatoren, die dies nicht erfüllen, sollten ausgetauscht werden.
    f. Bei der Formierung kann und darf Elektrolyt in kleinen Mengen (Tröpfchen) in der Nähe des Sicherheitsventils austreten.
    g. Der Kondensator muß nun sicher entladen werden, dazu kann der Vorwiderstand oder ein baugleicher Widerstand verwendet werden (DC Spannungsquelle abschalten, Widerstand umklemmen, Sicherheitsregeln beachten!!). Spannung überwachen und erst bei Unterschreitung von ca. 5V abklemmen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß Elkos einen Memory-Effekt aufweisen können, der dazu führt, daß sich im abgeklemmten Zustand erneut eine Spannung aufbaut. Das kann bei energiereichen HV-Kondensatoren schon wieder gefährlich sein!! Allgemein wird daher empfohlen diese Elkos nach Abschaltung /zur Lagerung permanent kurzzuschließen.
    h. Nach 24 Stunden Lagerung im spannungslosen Zustand kann der Reststrom bei 25 Grad C gemessen und mit den Datenblattangaben verglichen werden. Leider ist hier keine allgemeine Angabe möglich (sehr unterschiedliche Werte einzelner Baureihen, Qualitätsmerkmal). Prinzipiell ist der Reststrom in etwa proportional zur Wurzel aus dem Produkt aus Kapazität und Nennspannung. In jedem Fall sollte der Kondensator bei ausschließlicher Belastung mit einem DVM die Spannung über etliche Minuten halten.
    i. Abschließend kann die Kapazität gemessen werden, aber bitte nicht mit einem Multimetertool (zeigt sehr oft nur Unsinn an) sondern „ehrlich“ über die gespeicherte Energie bei nomineller Ladespannung. Dazu einfach den zeitlichen Verlauf einer Entladung über einem bekannten Widerstand R aufnehmen und auswerten. Der Verlauf sollte recht gut exponentiell abklingen und nach einer Zeit T=RxC auf 37% des Startwertes abgefallen sein. Wenn R nicht zu klein gewählt wird reichen eine Stoppuhr und ein Multimeter dazu aus. Auf eine Genauigkeit von einer Sekunde kann man schon messen, folglich sollte die Entladezeit etwa 100sec sein um den Meßfehler klein zu halten. Bei 37% Entladespannung die Zeit T aufnehmen und C ausrechnen. Abweichungen von -10% bis +50% können je nach Type normal sein! (s. Datenblatt oder Aufdruck auf Gehäuse). Wer genauer wissen will was im Kondensator vor sich geht, kann mehrere Zeit- und Spannungswerte im Verlauf der Entladung aufnehmen und (evt. halb-logarithmisch) auftragen. Dabei sollte die abklingende Exponentialfunktion gut zu erkennen sein. Defekte Elkos mit hohem Reststrom zeigen oft einen deutlich schnelleren Abfall der Spannung zu Beginn bei noch höheren Spannungen. Elkos sind streng genommen nichtlinear (C ist nicht konstant über der angelegten Spannung, der Grund für Verzerrungen bei Elko-Koppelkondensatoren), der Entladeverlauf ist daher selbst bei intaktem Bauteil nicht perfekt exponentiell.

    9) Weitergehende Reparaturen oder Eingriffe sollten von Neulingen und Laien nur in engerer Absprache mit hoffentlich hilfsbereiten Fachleuten (evt. befreundete Funkamateure) erfolgen. Ein Austausch einzelner defekter Bauteile löst u.U. noch nicht die Ursache des Problems, zumindest sollte man die Prüf- und Abgleichanweisungen des Herstellers beachten und abschließend vollständig durchexerzieren. Nicht selten braucht man dabei außer der Sachkenntnis auch spezielle Messgeräte (DVM, Oszillograph und Tastköpfe/Zubehör, NF Generator, dummy loads, HF Meßsender, Frequenzzähler, Klirrfaktormessbrücke, evt. spezielle mechanische Werkzeuge wie Federwagen…) um eine einwandfreie Funktion sicher und nachvollziehbar wiederherzustellen. Einen solchen Messgeräte-Park werden nur Profis oder recht ambitionierte Hobbyisten ihr Eigen nennen dürfen. Behelfsmäßige Reparaturen ohne die bzw. mit wenigen der genannten Einrichtungen können zwar erfolgreich sein, hinterlassen aber oft ein ungutes Gefühl in Bezug auf die Sicherheit der Gerätefunktionen und möglicher weiterer Beschädigungen über das Gerät hinaus (Lautsprecherschäden sind ein prominentes Beispiel).

    10) Auch der Austausch einzelner Bauteile mit „Ersatztypen“ stellt oft ein Problem dar. In vielen Fällen sind moderne Bauteile alten Originaltypen in einigen Spezifikationen weit überlegen, was aber sehr oft zu unerwarteten und unerwünschten Nebeneffekten führt. Ältere Schaltungsdesigns haben viele parasitäre Effekte nicht berücksichtigt weil diese keine Rolle spielen solange die Originalteile eingesetzt werden. Moderne Transistoren sind aber z.B. oft wesentlich schneller, was schnell zu Problemen in der HF Stabilität führt (unkontrollierte Oszillation im Radiofrequenzbereich). Infolge dessen kann die Schaltung weiteren Schaden nehmen oder gar angeschlossene Geräte beeinträchtigen, beschädigen oder gar zerstören (oft bei Verstärkern/Lautsprechern). Man ist daher gut beraten die Spezifikationen genauer zu vergleichen und in einigen kritischen Punkten auf keinen Fall über das Ziel hinaus zu schießen. Falls die Originalteile nicht mehr erhältlich sind und keine vergleichbaren Neuteile erhältlich sind, muß zumindest ein Oszilloskop und ein Signalgenerator zur Verfügung stehen, mit dem man eingehend die Stabilität der reparierten Schaltung (unter Normalbedingungen/Last) untersuchen kann. Das geht aber in aller Regel über die Möglichkeiten von Neulingen oder Laien hinaus, weshalb dies praktisch nur Fachleuten vorbehalten ist. Entsprechendes gilt für jedwede Art von vermeintlichen „Verbesserungen“ durch einfachen Bauteilaustausch, der Schuß geht schnell nach hinten los.

    #2
    AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

    Wow eckibear,

    da haste Dir aber wirklich Mühe gegeben und reichlich Zeit investiert!!

    Das sollte zur Pflichtlektüre für alle Hobby-Elektronik-Fragesteller werden.

    Gerade auch der Hinnweis auf die Fehlerbeschreibung ist mehr als beachtenswert:

    Dazu ist natürlich eine umfassende Fehlerbeschreibung besonders hilfreich. Oft/leider werden die Fehler aber erst nach und nach in den Diskussionen erwähnt oder etwas genauer beschrieben was zu unnötigen Spekulationen der Teilnehmer über die möglichen Fehlerquellen führt. Bei der Fehlerbeschreibung im Forum daher bitte gleich zu Beginn so umfassend wie möglich beschreiben wie die Fehlfunktion aussieht...
    In diesem Sinne dem Forum ein schönes (schneefreies) Wochenende


    ...
    Mit analogen ReVox-Grüssen

    jkhh

    > Zitat von Wilhelm Busch [1832-1908]: > Musik wird oft nicht schön empfunden, Weil sie stets mit Geräusch verbunden. ...Dideldum! <

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      #3
      AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

      Hallo eckibear,
      Respekt,Klasse,für Leute wie mich ein lehrreicher Artikel.
      Schuster bleib bei deinen Leisten.
      Danke dafür.

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        #4
        AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

        Sehr guter Artikel, auch für einen möchtegern Laienbastler wie mich.
        Grüsse aus Bayern

        Herby

        ------------------------------------->>
        > Sucht kommt von Suchen
        REVOXitis die akute Form der Ansteckung
        REVOXose unheilbares Stadium
        REVOXpathisch Folgeerkrankung STUDERitis

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          #5
          AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

          hallo eckehard -

          klasse und sehr umfassend ausgeführt! - deine " schrauber-bibel "
          das lässt keine fragen offen
          hut ab! auch von mir

          gruss claus
          +++nextel outside = reVox inside+++

          http://www.claus.de.to

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            #6
            AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

            Klasse,

            endlich mal einer, der den Bastlern ihre Grenzen aufzeigt. Wäre ich nicht so schreibfaul, hätte ich so etwas auch schon mal schreiben sollen.
            Vor allen Punkt 5. Immer erst das Netzteil überprüfen und von dort aus
            weitermessen .

            Auf diesen Beitrag werde ich in Zukunft immer verlinken , wenn wieder jemand
            ohne Ahnung in den Geräten rumstochert.

            Ulrich
            ( ex Fernsehtechniker , heute Nachrichtentechnikingenieur und Sicherheitsbeauftagter )

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              #7
              AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

              Hallo eckibear,

              Excellent dein Artikel!
              Wenn ich hier im Forum manche Reperaturversuche lese, hat sich schon öfters der Magen bei mir gedreht. Die entsprechenden Ausbildungsberufe verlangen nicht umsonst auch ein grosses theoretisches Grundlagenwissen.

              Ich möchte hier noch einen Hinweis auf die stabilisierten Versorgungungsspannungen geben. An diesen nicht unnötig drehen, da man hierdurch den Abgleich des "Restes" durcheinanderwirft. Sind die Elkos z. B. ausgewechselt und das Gerät läuft einwandfrei, ist doch alles i.O.

              Alles Gute Wolfgang
              B77, B790, B760, B750 MK II

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                #8
                AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

                Hey Eckibär,

                Vielen Dank für deinen Beitrag. Es ist schön um zu erfahren wie ein 'Revox-Forum-Techniker' auf eine systematische Weise bei der Reparatur vorgeht. Ich würde sagen, die Einleitung ist hiermit realisiert!

                Meine Kenntnisse und praktisches know-how beschränkt sich auf 20-25 Jahre löten, messen und Service Manuals nachfolgen, und ich weiß was die verschiedene elektronische Komponente an sich für eine Wirkung/Funktion haben. Wenn ein Komponent kaputt ist lokalisiere ich es manchmal - wenn das Defekt nicht zu kompliziert ist. Da bediene ich mich mit klopfen und wackeln, Leiterbahnen und Lötstellen inspizieren, reinigen, Kältespray, doch irgentwie nachdenken welche Platineteile in der Reihe nach logischerweise ausgeschlossen werden können (z.B. die IR Platine für die Fernbedienung hat sehr wahrscheinlich nichts damit zu tun wenn ein Audiokanal einen Aussetzer hat usw). Wenn ich viele Microprozessoren sehe, wie z.B. in einem Sat-dekoder, lasse ich aber schnell die Finger davon. Auch SMD bestückte Platinen ist nicht so mein Ding.

                Ich find's interessant und es macht viel spaß. Natürlich bin ich nicht blöd und ziehe den Netzstecker bevor ich ein Gerät aufmache. Die Gefahr mit Netzelkos ist mir mal peinlich bekannt geworden (die Entladung fetzt dem Körper ordentlich!).

                Gerne wüßte ich auch mal wie man einen Oszilloskop verwendet.
                Leider kann ich z.B. auch keine Zeichnungen lesen: wenn ich eine abweichende Spannung messe bin ich sofort unsicher ob ich die Zeichnung wohl richtig interpretiere...und frage mich ob die Abweichung vielleicht durch beabsichtigte beinflussung von anderen Komponenten erwirkt wird. Auch habe ich nie gelernt wie ich den Zusammenhang einer Schaltung begreifen soll, und auch den Zusammenhang aller Schaltungen - aber das hängt damit wohl auch mit Zeichnung lesen zusammen. Bin aber autodidaktisch also ich müßte mir vielleicht doch seriös mal die erweiterte Mühe leisten.

                Es wäre geil mal ein paar Tage in der Revox-Werkstatt zu sein und bei jeder beliebige Reparatur die Logik des Reparaturvorganges Schritt für Schritt erklärt zu bekommen. Ich glaube das ich sogar bereit wäre um speziell dafür von Holland in die Schweiz zu fahren, so interessant fände ich das. Da dieß in der Praxis ja wohl nie stattfinden wird, bin ich extra dankbar das es hier im Forum bereitwillige kompetente Fans gibt die den lötfreudigen, explorierenden Laien und Halblaien mit Ihren Fingerzeigen beistehen wollen.
                Ich sage dafür ein großes DANKE!

                Gruß,
                Michel
                Zuletzt geändert von Lieber Michel; 25.03.2007, 13:27.
                Einzelgänger fürs Leben

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                  #9
                  AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

                  Hi folks,
                  und wenn jetzt einer nächste Woche erklärt wie man einen Zeilentrafo und eine Zylinderkopfdichtung auswechselt - und noch ein Bildchen dazu veröffentlicht, fände ich es passender früher in die Werkstatt zu gehen.

                  Man hat so schnell so viel mehr kaputt gemacht !!

                  Als wenn sich eine lockere Krone schnell selbst festkleben lässt - nur aus Gründen - jeder kann alles und ich erst recht... bleibt bitte auf dem Boden -

                  Da war doch was mit Feuer, Schere, Licht... Strom gehört zu Licht - also Finger weg!

                  Nix für ungut

                  Gruß
                  Geppi

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                    #10
                    AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

                    Zitat von Geppi Beitrag anzeigen
                    ....

                    Da war doch was mit Feuer, Schere, Licht... Strom gehört zu Licht - also Finger weg!

                    Nix für ungut

                    Gruß
                    Geppi

                    Wenn man die Finger davon läßt ist es wie "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr".
                    Das gleiche gilt für den blöden Spruch mit Feuer, Gabel, Schere, Licht. Interesse ist Grundvoraussetzung um den Umgang mit Technik zu erlernen. Dazu bedarf es keine Berufsausbildung.

                    Also mit gesunden Menschen-Verstand ran an die Sache und dabei die Grundregeln der Elektrotechnik beachten.

                    An erster Stelle steht hier Spannungsfrei schalten!
                    Zuletzt geändert von chlorophytum; 26.03.2007, 12:06.
                    Reinkarnation

                    Kommentar


                      #11
                      AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

                      Zitat von Geppi Beitrag anzeigen
                      und wenn jetzt einer nächste Woche erklärt wie man einen Zeilentrafo und eine Zylinderkopfdichtung auswechselt - und noch ein Bildchen dazu veröffentlicht, fände ich es passender früher in die Werkstatt zu gehen.
                      Geppi
                      Eher noch harmlose Beispiele, habe ich beides schon als Studi mit Erfolg gemacht. Zum Zahnarzt gehe ich aber immer noch

                      Zitat von Geppi Beitrag anzeigen
                      Man hat so schnell so viel mehr kaputt gemacht !!
                      Geppi
                      Stimmt allerdings. Deshalb macht man sich auch besser vorher schon schlau und wägt mit genügend Selbstkritik ab, ob man es überhaupt hinbekommen kann (Grundwissen, Werkzeuge/Meßgeräte vorhanden...?).

                      Abgesehen vom Spassfaktor, allein wenn ich das bereits persönlich erlebte Gemurkse aus heutigen "Fachwerkstätten", egal ob HiFi/TV oder Autowerkstatt, Revue passieren lasse, überlege ich mir eine Eigenreparatur SEHR gerne. Dazu kommt auch noch der i.allg. hohe Preis den man dafür zahlen soll. Bei einer vergeigten Oldtimer-Reparatur tut das dann wirklich doppelt weh. Einige sog. Fachleute sind heute eben leider nur noch Flachleute, jedenfalls kocht deren trübes Wasser auch nur bei 100 Grad.

                      Absolut wichtig bei solchen Aktionen ist aus meiner Sicht der Sicherheitsaspekt, da gibt es kein wenn und aber !!

                      Grüße,
                      eckibear

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                        #12
                        AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

                        danke für die umfassende aufklärung - als techniker mit elektrogrundkenntnissen sind mir ja viele der angeführten gefahren bewusst - trotzdem kann man es nicht oft genug wiederholen. nicht umsonst ist die inoffiziellle hymne der elektriker: "tausend mal berührt, tausend mal ist nix passiert, tausend und eine nacht und es hat "zoooom" gemacht".
                        um konkret zu werden - ich hab mich kürzlich in einen revoxverstärker (A78) verliebt - einige profis hier empfehlen (mir völlig nachvollziehbar) präventiv die elkos auszutauschen - nun gibt es ihre meinung (möglichst originalteile verwenden) aber auch andere, die bessere bauteile (niedrigere toleranzen) plus bypass (nein nicht den der mir nach dem abbrennen der endstufe gelegt werden müsste .-) sondern jene für die kondensatoren - empfehlen. haben sie, irgend wer hier schon einen vergleichstest gemacht - bringt es akustisch etwas - oder nur dem verkäufer der teuren bauteile höhere gewinne?
                        logisch erscheint auch der abgleich zwischen den beiden kanälen - also möglichst die gleichen kapazitäten links und rechts - könnte man durch paralellschalten (=addieren der kapazitäten) das gleichgewicht herstellen? - und auch hier wieder die frage - ist es überhaupt hörbar?

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                          #13
                          AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

                          Zitat von jjf Beitrag anzeigen
                          ..nun gibt es ihre meinung (möglichst originalteile verwenden) aber auch andere, die bessere bauteile (niedrigere toleranzen) plus bypass sondern jene für die kondensatoren - empfehlen. haben sie, irgend wer hier schon einen vergleichstest gemacht - bringt es akustisch etwas - oder nur dem verkäufer der teuren bauteile höhere gewinne?
                          Eher Letzteres, wenn auch, Ehrlichkeit vorausgesetzt, nur wenig Geld für ein paar Folienkondensatoren verlangt werden kann. Die alten Schaltungsdesigns sind von sich aus so begrenzt, daß aufwändige Veränderungen bzw. teure Nachbesserungen notwendig wären. Da ist man mit einem neuen Gerät besser bedient. Mit ein paar "besseren" Bauteilen erreicht man außer dem danach vertieften Glauben an die Verbesserungen so gut wie gar nichts. In einen Oldtimer baut auch keiner einen Ferrari-Motor ein ;-)

                          Zitat von jjf Beitrag anzeigen
                          logisch erscheint auch der abgleich zwischen den beiden kanälen - also möglichst die gleichen kapazitäten links und rechts - könnte man durch paralellschalten (=addieren der kapazitäten) das gleichgewicht herstellen? - und auch hier wieder die frage - ist es überhaupt hörbar?
                          Hörbar ist es immer, und zwar hauptsächlich von Leuten mit den goldenen Ohren. Spass beiseite, der A78 hat eine recht ulkige Beschaltung der Elkos im Endstufenzweig, quasi floating des Massepunktes (einige kOhm als Teiler). So etwas macht heute schon lange keiner mehr, die Ersparnis ist auch sehr bescheiden (keine zweite Trafo-Wicklung bzw. -Anzapfung). Bei Wiedergabe kräftiger Bässe "zieht" es diesen Mittelpunkt mehr oder weniger in positive bzw. negative Richtung, so das die Balance kurzzeitig gestört wird. Dies kann vor allem bei vorübergehend asymmetrischen Spannungskurven im Signal auftreten, also solchen die deutlcih mehr Energie in einer Halbwelle haben als in der darauf folgenden (Pauke). Weil Musik/Schall aber durch dynamische und nicht statische Druckveränderungen (das würde 0Hz eigentlich bedeuten) vermittelt und auch wahrgenommen wird, kann dies aber immer nur kurzzeitig, etwa "halbwellenlang", auftreten. Dennoch kann bei ausreichender Amplitude der Arbeitspunkt des Verstärker relativ weit vom Sollwert abweichen, was in der Regel zu Verzerrungen etc führt.

                          Das "Lustige" an der Schaltung ist, daß die Lautsprecher auf diese Weise einen gewissen Schutz bekommen, jedenfalls gibt es keine niederohmige DC Verbindung die ihn bei Endstufendefekten sofort beschädigen könnten. Evt. war dies, abgesehen von der Kostenersparniss, ein Grund KEINE Schutzschaltung einzubauen. Schutzschaltungen wurden damals aber wohl generell noch eher als Luxus angesehen.

                          Parallelschalten würde ich am A78 besser nichts, die Gefahr dadurch unerwünschte Kopplungen zu bekommen ist zu hoch. Wenn das sinnvoll wäre hätte es Revox damals auch schon gemacht, denn das wäre mit ein paar Drähten zu erledigen gewesen.

                          Grüße
                          eckibear

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                            #14
                            AW: Allgemeine Empfehlungen zu Reparaturen

                            herzlichen dank für die ausführliche und kompetente antwort!
                            gruss aus wien
                            jjf

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